14.7.BKZ: Energiewende vor der Haustür (15)
Am Samstag veröffentlichte die Backnanger Kreiszeitung einen weiteren Artikel aus ihrer Reihe "Energiewende vor der Haustür". Leider allerdings nur das Eigenlob der Kreisverwaltung zu deren Wasserstoff Projekten. Diese Projekte sind ein Totalausfall für den Klimaschutz! Nachträglich angefügt: Kommentar zum Artikel von ex Kreisrat Dr. R. Borkowski.
Der Artikel trägt die Überschrift "Der Rems-Murr-Kreis setzt auf Wasserstoff". Wie ich schon seit 2020 in meinem Blog in zahlreichen Beiträgen zum Wasserstoff-Beschluss des Kreistags erkläre, leisten diese Projekte keinen Beitrag zum Klimaschutz, sondern verschwenden wider besseres Wissen wertvollen regenerativen Strom und unsere Steuergelder. Deshalb fragte ich die Redakteurin in folgender Mail nach ihrer Motivation zu diesem Artikel.
Kein Leserbrief, nur erste Gedanken zu "RMK setzt auf Wasserstoff"
Sehr geehrte Frau Greppo,
sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion!
Was soll dieser Artikel? Zu einem ordentlich recherchierten Artikel gehört das Für und Wider zum Thema. Von den Nachteilen der Wasserstoffprojekte lese ich nicht im Artikel. Dass diese Projekte keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wird auch verschwiegen. Warum?
Energiewende vor der Haustür? Die Überschrift hätte besser „Energieverschwendung vor der Haustür“ hießen müssen. Und nicht nur wertvolle Energie, auch unsere Steuergelder werden in diesen zum Scheitern verurteilten Wasserstoffprojekten des Kreises versenkt. So wie bei Stuttgart 21 sind unsere verantwortlichen Politiker nicht in der Lage, einen einmal gemachten Fehler einzugestehen und möglichst bald aus diesen Projekten auszusteigen. Lieber wird dem verlorenen Geld noch weiteres Geld hinterher geworfen.
In der auf der Homepage der Stadt Backnang kann jeder interessierte Bürger in der Sitzungsvorlage zur kommunalen Wärmeplanung auf Seite 39 nachlesen, warum Wasserstoff in der Mobilität reine Verschwendung von wertvoller Energie und unseren Steuergeldern ist. „Das heute übliche Verbrennungskraftfahrzeug hat ein Wirkungsgrad von rund 30 %, ein batterieelektrisches KFZ (Kraftfahrzeug) nutzt rund 77 % des EE-Stroms. Deutlich geringere Wirkungsgrade haben Wasserstofffahrzeuge mit rund 34 % oder E-Fuels mit weniger als 15 % Wirkungsgrad“ (Sachverständigenrat der Bundesregierung für Umweltfragen 2023). „Ähnlich verhält es sich in der Mobilität. Kraftfahrzeuge mit Wasserstoffspeicher benötigen ein Vielfaches an erneuerbaren Strom gegenüber batterieelektrisch betriebenen Kraftfahrzeugen. Sie benötigen dementsprechend mehr Fläche für die Stromproduktion durch Windkraft- und PV-Anlagen. Die höchste Flächeneffizienz hat daher bei der Erzeugung von Gebäudewärme die Wärmepumpe, bei Mobilität der batterieelektrische Antrieb. Das E-Bike dabei nochmals deutlich besser als der elektrisch betriebene PKW.“
Da hilft es auch nicht, den einstimmigen Beschluss des Kreistages von 2020 oder die Pressemitteilung unserer grünen Landtagsabgeordneten aus dem Kreis zu zitieren. Naturgesetze können nicht durch einen demokratischen Mehrheitsbeschluss außer Kraft gesetzt werden! Wann werden dies die Verantwortlichen beim Kreis und bei der Stadt wohl einsehen? Weiter machen wie bei Stuttgart 21 oder frühzeitig die verschwenderischen Projekte, die keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten(!), beenden?
Auf Ihre Antwort freue ich mich schon. Ein Leserbrief zum Artikel folgt im Laufe der Woche.
Kommentar vom ex Kreisrat Dr. R. Borkowski zum Artikel "RMK setzt auf Wasserstoff"
Liebe Frau Greppo,
der Wasserstoffstrategie-Beschluss von 2020 wurde innerhalb einer Woche durch den Kreistag gepeitscht. Leider haben auch wir (Linke + ÖDP) uns damals überrumpeln lassen. Nachdem die Sache seither nur im Schneckentempo voran kommt, will ich als ehemaliger Kreisrat hier nochmal unsere Kritik daran deutlich machen:
Wasserstoff wird künftig zweifelsfrei für viele industrielle Anwendungen wichtig werden. Es darf aber nicht sein, dass der Landkreis für nahezu sinnfreie Wasserstoff-Projekte Steuergelder in Millionenhöhe vergeudet, weil das den konservativen und liberalen Kreisen als Industrieförderung passt. Hier ist der Landrat wohl auch mehr vom goldenen Zügel der Fördergelder geleitet worden als von technischer und gesellschaftlicher Einsicht.
Neben der drohenden EU-RL für den Busverkehr war die Haupt-Argumentation der Verwaltungsspitze damals, dass Wasserstoff als künftige Speichertechnik im Energiesystem benötigt wird. Genau das darf aber am meisten bezweifelt werden, weil Solar-Wasserstoff zu teuer für Verheizen oder Verstromung bleiben wird bevor nicht ganz neue Technologien dafür gefunden werden. Das hat physikalische Gründe, die hier wohl keinen Erklärungsraum haben*. Die künftigen Energiespeicher werden wohl eher auf den Strassen rollen.
Leider gilt das auch auf Sicht für die meisten Fahrzeug-Antriebe. Die Abfuhr durch die Wieslauftalbahn ist dafür genau so ein Beleg wie das Zögern der Strassenverwaltung oder der Busbetriebe (von eigenwirtschaftlichem Busbetrieb schon ganz abgesehen). Man muss förmlich nach Abnehmern für den waiblinger Wasserstoff suchen**. Sinnvoller wäre es gewesen, zunächst für den intensiven waiblinger Stadtverkehr Batterie-betriebene E-Busse vorzuschreiben.
Es ist nicht Problem und Zielsetzung, mit öffentlichen Geldern irgendwelche Verbrauchsideen für "grünen" Netzstrom und Wasserstoff zu entwickeln! In erster Linie muss möglichst rasch mehr Solar- und Windstrom im Landkreis erzeugt werden, dann - in zweiter oder dritter Linie - Wasserstoff aus überschüssigem grünem Strom in zwingende und finanziell lohnende Anwendungen geleitet werden. Beispiele wären industrielle chemische oder metallurgische Prozesse.
freundliche Grüße
Dr. R. Borkowski